Der Kindermord von Bethlehem
Paul G. Hoerschelmann
So wie das
Kind
So wie das Kind, das kaum geboren,
Schon fliehen muss, weil man ihm droht,
Scheint Gott in dieser Welt verloren
Und ausgeliefert unsrer Not.
Wir würden gerne Wunder sehen,
Die diese Welt auf einen Schlag
Verwandeln oder auch durchwehen -
Wie an dem allerjüngsten Tag.
Ganz anders Gott: Er flieht und leidet,
Sucht Schutz, ist wehrlos wie ein Kind,
Das seine Niedrigkeit nicht meidet
Und ausgesetzt ist Nacht und Wind.
Alleine nur den Mantel halten
Inmitten drohender Gefahr,
Gott selber bergen in den Falten
Nicht suchen, was da gestern war.
Gott lässt sich nicht von uns vertreiben,
Durch Angst nicht oder auch durch Macht.
Auch wenn wir selber zweifelnd bleiben.
Erleuchtet er die tiefste Nacht.
Ein Kind, das in der Mutter Armen
So schutzlos und verlassen scheint,
Erweckt ein göttliches Erbarmen,
Das unser aller Zwietracht eint.
So gehen wir dem Jahr entgegen,
Voll Dank und zitternd ungewiss,
Und bauen fest auf seinen Segen,
Der keinen Suchenden verließ.
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